Anwendungsfall TikTok

Anwendungsfall TikTok:

Sprach- und Gesichtserkennung

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Millionen aktive Nutzer
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Milliarden US$ Wert
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Milliarden Euro Umsatz 2019

Die Nutzerperspektive

Die Nutzer-perspektive

Auf TikTok werden täglich weltweit Millionen von neuen Kurzvideos gedreht und auf die Plattform hochgeladen. Öffnet man die App wird gesungen, getanzt und es können ganz eigene kreative Kunst- und Kulturformate geschaffen werden. Für Außenstehende betrachtet wirkt dies oft albern, abstrakt und unverständlich. Unter den Tools, die besonders für TikTok interessant sind, sind Systeme, die präzise die Bewegungen und Sprache von Menschen in Videos erkennen können. Sei es von Musik, dem Körper und dem Gesicht oder den Händen. Ein anderes Tool ermöglicht TikTokern Filter auf ihr Gesicht und den Bildvordergrund zu legen oder die Länge von Armen und Beinen mit Hilfe von Filtern zu verändern. ByteDance hat ein System entwickelt, dass Nutzer*innen beim Öffnen der App zeigt, für die jeweilige Person interessant oder trenden könnte. User*innen verweilen stundenlang auf der Plattform, swipen von einem Kurzclip zum nächsten oder erstellen selbst Kurzvideos mit den neuesten Gesichtsfiltern und der angesagtesten Musik im Hintergrund, um selbst in den Trends zu landen.

Die technologische Perspektive

In China gilt ByteDance als eines der führenden Unternehmen, was die Entwicklung von künstlicher Intelligenz angeht. Bei TikTok lernt die Künstliche Intelligenz aus den zahlreichen Informationen, die die User*innen beiläufig zurücklassen. Was sie schauen, welche Sprache in den Clips gesprochen wird, ob es fröhliche oder traurige Kurzvideos sind, welche weggewischt, geliked oder kommentiert werden und vieles mehr. Die Plattform erkennt dadurch, welcher Subkultur jemand anhängt und stellt sicher, dass beispielsweise ein Opern-Musik-Fan keinen Gangster-Rap vorgesetzt bekommt. Der Algorithmus sammelt all diese Nutzerinformationen und sortiert User*innen in unzählige Subkulturen ein.6 Um sicherzustellen, dass der entsprechende Content auch die richtigen Nutzer*innen erreicht, analysiert die TikTok-KI unzählige Aspekte der Videos und identifiziert was in den Videos zu sehen ist, welche Musik läuft, was gesprochen wird und wie die Video- und Audioqualität ausfällt. Die künstliche Intelligenz erkennt durch Gesichts- und Sprachsteuerung ob Videos in der Wohnung oder freien Natur  aufgenommen wurden oder ob Nutzer*innen gerade Sport machen oder kochen. Dadurch werden ähnliche Videos identifiziert und gezielt an Nutzer*innen ausgespielt.7 Dass das Video in den Trends landet, benötigt es keinen einzigen View oder Follower*innen, sondern nur die Entscheidung der künstlichen Intelligenz, welchen und wie vielen Menschen das Video gefallen könnte.8 Das Zusammenspiel aus Inhalten und einer künstlichen Intelligenz ist das, was TikTok so besonders macht.9 Die Plattform ist die erste international erfolgreiche Mainstream-Anwendung für Nutzer*innen, bei welcher die künstliche Intelligenz das Produkt ist.10

Die wirtschaftliche Perspektive

Auf den ersten Blick klingt TikTok nicht nach einer Anwendung, hinter der ein ausgeklügeltes Erlösmodell für marketinggetriebene Anwendungen stecken kann. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Erfolg der App spiegelt sich vor allem in der virtuellen Währung, den Coins auf TikTok wider.11 Nutzer*innen können Coins (Münzen) für 1,09 Euro bis 109,99 Euro kaufen und gegen virtuelle Geschenke eintauschen. Diese Geschenke können einem Influencer z.B. bei einem Livestream überreicht werden.12 Daraufhin wandelt sich das Geschenk in Diamanten um, welche sich Influencer*innen beispielsweise per PayPal auszahlen lassen können. Für das Unternehmen ergeben sich dadurch zwei klare Vorteile: Zum einen kann ByteDance jedes Mal einen Teil der Münzen einbehalten, zum anderen ist es für User*innen am Ende schwer nachzuvollziehen, wie viel Geld ein Geschenk am Ende kostet. Ein klares Ziel, welches von Unternehmen hier verfolgt wird, ist die Hemmschwelle zum Verschenken von Geld zu senken. Das Geschäftsmodell etabliert sich auf der Plattform immer mehr und bringt Influencern und dem Unternehmen selbst hohe Einnahmen.13

Die rechtliche Perspektive

In den vergangenen Jahren ist TikTok aus den Schlagzeilen nicht mehr weg zu denken. Von der bösen China-App, die uns alle ausspioniert bis hin zum Instagram-Killer und Zuckerberg-Albtraum. TikTok zensiere, mache Teenies süchtig und verstoße gegen diverse Datenschutzbestimmungen. Dazu gab es unzählige kritische Berichte wie Spionageverdacht oder Kinder könnten Adressaten sexueller Angebote werden.14 Allein die Bild-, Video- und Sprachdaten, die ByteDance sammelt und verarbeitet sind unbezahlbar. Besonders unter Datenschutzbestimmungen ist es fragwürdig, ob die Gesichtserkennung rechtlich zulässig sei. So dürfen zum Beispiel europäische Strafverfolger nicht die biometrische Gesichtserkennung des US-Unternehmens Clearview AI anwenden, wenn es nach dem Datenschutzrecht geht. Prinzipiell gibt es bereits Bestimmungen in der DSGVO zur Übermittlung personenbezogener Informationen, sowie darauf aufbauende Leitlinien und Empfehlungen, zum Beispiel zum Transfer personenbezogener Informationen in Drittländer, materiell- und verfahrensrechtliche Bedingungen für den Zugriff darauf durch ausländische Behörden oder besondere Schutzbestimmungen Minderjähriger. So haben Eltern aus den USA die TikTok-App wegen mangelnder Privatsphäre-Einstellungen für junge Nutzer*innen verklagt.15 TikTok ist mit einer tickenden Zeitbombe zu vergleichen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie explodiert. Denn die gleiche KI, die TikTok derzeit nutzt, um die Videos zu analysieren und zu kategorisieren könnte eingesetzt werden, um Videos von in China verfolgten Uiguren oder Aktivisten in Hongkong zu unterdrücken oder diese gezielt ausfindig zu machen.16

Die gesellschaftliche Perspektive

TikTok mag für die älteren Generationen immer noch ein Dorn im Auge sein, aber die Anwendung hat vor allem bei der jungen Generation den Nerv getroffen. 62 Prozent der amerikanischen TikTok-Nutzer*innen sind zwischen zehn und 19 Jahren alt. Im Vergleich dazu sind nur 7,1 Prozent von ihnen über 50 Jahre alt. Warum ist TikTok bei der jüngeren Generation so beliebt, während viele ältere Social-Media-Nutzer*innen noch nie von der App gehört haben? Ganz einfach: Es ist so gewollt. Die Anziehungskraft von TikTok auf die jüngere Generation lässt sich dadurch erklären, dass sich die Entwickler*innen der App von Anfang an für Nutzer*innen unter 18 Jahren als Zielgruppe entschieden haben. ByteDance studiert die Gewohnheiten und Vorlieben der Nutzer*innen, was ihnen half, eine Social- Media-App zu entwickeln, die ihnen genau das bietet, wonach sie suchen. 90 Prozent aller TikTok-Nutzer*innen greifen täglich auf die App zu und sind extrem aktiv auf der App. Eine Studie, die das Verhalten von TikTok-Nutzer*innen im Zeitraum von einem Monat beobachtet zeigt, dass 68 Prozent der Nutzer*innen die Videos von anderen ansehen und 55 Prozent eigene Videos hochladen. Aber auch wenn die App immer noch überwiegend bei Teenagern beliebt ist, zeigen die neuesten Zahlen eine Verschiebung weg von diesem Trend. Abgesehen von leichten Einbrüchen im dritten Quartal 2018 ist die Zahl der US-Erwachsenen, die TikTok nutzen, in den letzten Jahren ziemlich konstant gestiegen.17

Fazit

Dass sich die Ausbreitung und das Wachstum von TikTok nicht mehr aufhalten lässt, belegen die steigenden Download-Zahlen. Die App beeindruckt durch ein einfaches Konzept, simples Design und einen enorm hohen Unterhaltungswert. Besonders wert- voll sind für das Unternehmen die gesammelten Sprach,- Video- und Bilddaten, die verarbeitet werden können. In Bezug auf den Datenschutz ist dies jedoch oft fragwürdig, wie Beispiele gezeigt haben. Vor allem in Bezug auf das Urheberrecht ist große Vorsicht geboten. Gegenüber all den rechtlichen Bedenken ist die künstliche Intelligenz der Anwendung zukunftsweisend und es müssen Wege gefunden werden, wie diese in einem nachhaltigen und rechtlichen Rahmen für die Gesellschaft nutzbar gemacht wird.

Von Nathalie Eßwein und Ria Goller

Coolness-Faktor: 2 /3

Innovationsgrad: 3 /3

Mainstream-Faktor: Mainstream

vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik (2021): 21 Bytedance. Inter- net: https://bit.ly/3tqZgWp, letzter Zugriff: 07.05.2021

vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

vgl. Mohsin, Maryam (2021): 10 TikTok statistics that you need to know in 2021 [infographic]. Internet: https://bit.ly/3o49s6l, letzter Zugriff: 06.05.2021

vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

vgl. ebd.

vgl. Trehan, Daksh (2020): The inescapable AI algorithm: TikTok. Internet: https://bit.ly/3e9fU8s, letzter Zugriff: 02.05.2021

vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

vgl. Wang, Catherine (2020): Why TikTok made its user so obsessive? The AI Al- gorithm that got you hooked. Internet: https://bit.ly/3xIFQQj, letzter Zugriff: 02.05.2021

10 Chan, Connie (2018): When AI is the Product: The Rise of AI-Based Consumer Apps. Internet: https://bit.ly/2Rffk00, letzter Zugriff: 02.05.2021

11 vgl. Onlineexperience (2020): Werbung auf TikTok – Wie Sie als Unternehmen TikTok erfolgreich nutzen. Internet: https://bit.ly/3nGDexz, letzter Zugriff: 02.05.2021

12 vgl. TikTok (2021): Allgemeine Informationen. Virtuelle Gegenstände Policy. Inter- net: https://bit.ly/3eL9VGd, letzter Zugriff: 02.05.2021

13 vgl. Onlineexperience (2020): Werbung auf TikTok – Wie Sie als Unternehmen TikTok erfolgreich nutzen. Internet: https://bit.ly/3nGDexz, letzter Zugriff: 02.05.2021

14 vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

15 vgl. Krempl, Stefan (2020): Gesichtserkennung: EU-Datenschützer warnen Straf- verfolger vor Clearview. Internet: https://bit.ly/3h2uWyV, letzter Zugriff: 06.05. 2021

16 vgl. Förtsch, Michael (2020): Es sind nicht nur Videos, die TikTok so erfolgreich machen, sondern Künstliche Intelligenz. Internet: https://bit.ly/3b94u2R, letzter Zu- griff: 06.05.2021

17 vgl. Mohsin, Maryam (2021): 10 TikTok statistics that you need to know in 2021 [infographic]. Internet: https://bit.ly/3o49s6l, letzter Zugriff: 06.05.2021

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